Freitag, 28. September 2012

Istro - Montevideo - die Tagung

Zuerst ein Wort zu den Forschungsfeldern, die entgegen meiner Erwartung eher eine kleine, untergeordnete Rolle gespielt haben: Bodenschadverdichtungen und Erosion im Zusammenhang mit unterschiedlichen Verfahren der Bodenbearbeitung. Bemerkenswert, denn diese beiden Bereiche - Erosion sicher mehr als Schadverdichtung - waren neben arbeitswirtschaftlichen Gründen, die Hauptmotivation für den Pflugverzicht und den weltweiten Erfolg dieses Systems. Es gab zwar einige Beiträge der entsprechenden Arbeitsgruppen aus der Schweiz, aus Schweden und aus Deutschland, aber der Hauptfokus der ISTRO-Tagung war es jedenfalls in diesem Jahr nicht.

Stattdessen wurde die Tagung dominiert von - ein Kollege sagte - Modethemen wie Treibhausgasbilanzierung und Klimawirkung. Hierbei wurde dann auch das klassische Thema der Bodenbearbeitung "Verteilung des Kohlenstoff im Profil" mit behandelt, aber war meist unter dem Blickwinkel der Kohlenstoffbilanzierung versteckt. Eine Beurteilung der Forschungsergebnisse gerade zur Lachgasmessung ist im Rahmen einer Tagung nur schwer möglich, da der Teufel wirklich im methodischen Detail steckt. Wenn dann zwischen extremen Varianten der Bodenbearbeitung keine Unterschiede dokumentiert werden, kann dies am Standort, der Jahreswitterung, aber eben auch an einer nicht sachgerechten Methodik liegen. Insofern blieben hier viele Fragen offen und es lässt sich kein einheitliches Bild ableiten.

Gleiches gilt in ähnlicher Weise für die Untersuchungen zur Kohlenstoffbilanzierung. Wenn die Ergebnisse und Interpretationen auf der Basis von Dauerversuchen belegt sind, gibt es ja noch eine echte Grundlage und die Zahlen können hinterfragt werden. Bei hier vorgestellten Modellen zur Kohlenstoffbilanzierung war dann aber auch die Darstellung der Modelle eher schlank gehalten. Dies hielt aber die Kollegen nicht davon ab, umfangreiche Modellanwendungen zu präsentieren und dann daraus Schlussfolgerungen abzuleiten. So präsentierte ein Kollege aus Argentinien eine Modellberechnung, nach der durch den starken Anbau von Soja (4x in einer fünfjährigen Fruchtfolge) die Humusgehalte im Boden ansteigen würden. Ob dies wirklich wahrscheinlich ist? Ich bin überfragt. aber die Konsequenzen für die Treibhausgasbilanzierung wären natürlich Interessent.

Kleines Gedankenexperiment: Mehr heimische Leguminosen (Politikziel!) -> weniger Soja in Argentinien -> weniger Kohlenstoff im Boden -> mehr Treibhausgase. Na da bin ich einmal gespannt, was die Experten für Life Cycle Assessment aus solchen Aussagen machen werden.

Bemerkenswert aus meiner Sicht aber auch, welche Forschungsbereiche auf der Tagung praktisch überhaupt nicht thematisiert wurden. Zum einen wären hier zu nennen alle - lange bekannten - Probleme mit Verfahren der konservierenden Verfahren wie Zunahme von Unkräutern und Schädlingen. Dass Verfahren der Bodenbearbeitung immer im Anbausystem zu beurteilen sind, blieb bis auf wenige Ausnahmen unerwähnt. In Deutschland wird ja schon diskutiert, ob aus Sicht des Pflanzenschutzes ein Verzicht auf den Pflug in jedem Fall als gute Fachliche Praxis gelten kann.

Auch die aktuell sehr kritische Diskussion zum Wirkstoff Glyphosat, wurde in keinem Satz angesprochen. Nicht das ich hier falsch interpretiert werden: Ich halte einige der Arbeiten, die derzeit eine große Öffentlichkeitswirkung entfalten für eher dubios. Gleichwohl, das System der konservierenden Bodenbearbeitung inklusive der No-Till-Verfahren basiert weltweit auf der Anwendung dieses einen Wirkstoffes und so wäre es aus meiner Sicht schon interessant gewesen, hier einmal einige Beiträge zu hören. Wie stark hier dann die Politik hineinspielt wird aus der Forderung des Biolandpräsidenten deutlich, der kürzlich bundesweit ein Verbot der Förderung von pfluglosen Verfahren auf Grund der ungeklärten Situation bei Glyphosat forderte. Bei der enormen Ausdehnung des Soja-Anbaus hier in Uruguay auch ein spannende Frage für die Landwirtschaft vor Ort.

Einige Impressionen aus Montevideo

Schauen wir also wie sich die wissenschaftliche Welt im Umfeld der Bodenbearbeitung weiter entwickelt. Die nächste ISTRO-Tagung findet dann 2015 in China statt.

Jetzt geht es aber erst einmal auf den Rückweg wieder über Sao Paulo und Frankfurt.

PS Wenn ich irgendwann auf einer solchen Reise meinem Schöpfer gegenübertreten sollte, wird dies mit großer Wahrscheinlichkeit nach einem Unfall auf einer Taxifahrt passieren. Bislang war meine persönliche "Hitliste" der gefährlichsten Taxifahrten:
Platz 3 - Prag (Tschechien) In 50iger Zone wird 120 km/h gefahren. Fahrer erläutert gleichzeitig Sehenswürdigkeiten
Platz 2 - Catania (Sizilien) vom Flughafen zum Hotel missachtet der Fahrer praktische alle Verkehrsregeln landet in einer Kurve fast an der Leitplanke
Platz 1 - Brno (Tschechien) von der Innenstadt zum Tagungshotel legt der Fahrer "Highway to hell" von ACDC ein und hält sich an den Text. In zwei Kurven verlieren die Räder an der Innenkurve den Bodenkontakt
Aber das ist alles nur noch Geschichte. Der neue Platz 1 - Tätärätä - Fahrt von Hotel zum Flughafen in Montevideo (Uruguay). Auf einer dreispurigen Straße überholt der Fahrer bei extrem hoher Geschwindigkeit rechts wie links und verfehlt nur knapp Radfahrer, Inliner und eine arme alte Oma mit Handwagen - Horror pur!

Montag, 24. September 2012

ISTRO - Montevideo - Prolog

Die ISTRO (International Society of Tillage Research Organisation), ist eine typische Fachgesellschaft, die eine wissenschaftliche Zeitschrift betreut und eine Tagungsreihe im dreijährigen Turnus organisiert. Im Anschluss an Kiel in 2006 und Izmir, Türkei in 2009, führt dies die Fachwelt der Bodenbearbeitung nach Montevideo in Uruguay.

Derartige  internationale Tagungen sind für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer - es sei denn man kommt aus Südamerika - mit erheblichem Kosten- und Zeitaufwand verbunden und daher sind die Ansprüche natürlich auch hoch. Im Falle der Bodenbearbeitung wird sicherlich interessant, ob sich Diskussionen um die Grenzen konservierender Systeme auch international schon zeigen.

Vorab nur einige kurze Worte zum Tagungsort.

Die Anreise war wenig spektakulär. Per Bahn von Leipzig nach Frankfurt und dann via Sao Paulo (Brasilien) direkt nach Montevideo. Dort empfängt uns Südamerika mit einem schönen Frühjahrstag bei milden 24 C. Die Zeitverschiebung ist derzeit 5 h und so verbringen wir den Nachmittag mit einem ausgedehnten Spaziergang, um halbwegs in die neue Zeitzone zu kommen.

Dabei bewundern wir einige ungewöhnliche Gebäude und Beispiele der hiesigen Handwerkskunst.





In einem Park in der Innenstadt findet sich dann das Denkmal "La Carreta", das einen Ochsenwagen zeigt. Dies symbolisiert die beschwerliche Besiedlung der Pampa. Auch in Millionenstadt Montevideo lebt der Mythos der ersten Besiedlung.



Flexibilität herrscht aber dann auch beim Abtransport von Material nach dem sonntäglichen Gemüsemark in der Innenstadt. 



Warten wir einmal ab, was nun die nächsten Tage bringen. Hier das Tagungsprogramm.
P. S. Die Poster hängen schon.

Donnerstag, 13. September 2012

Leopoldina - Gespräch: Bioenergie - Möglichkeiten und Grenzen

In Berlin fand gestern (12.09.12) eine Diskussion im Nachgang zu der Leopoldina-Studie zur Bioenergie statt. (Programm der Veranstaltung).


Die Studie hatte in den letzten Wochen und Monaten für erhebliche, teilweise recht kontroverse Auseinandersetzungen über die Bioenergiepolitik in Deutschland und der EU geführt. Besondere Brisanz gewann die Veranstaltung durch die Mitteilung vom Dienstag, wonach die EU die Beimischungspolitik für Biokraftstoffe auf der Basis einiger aktueller Studien ändern wird.

Nun ist das Für und Wider der Studie in den letzten Wochen ja schon ausführlich besprochen worden (siehe unten, Dokumentation) und daher war ich gespannt, ob hier nun neue - und vielleicht auch gute - Argumente in der einen wie in der anderen Richtung genannt werden, zumal die Studie ja durch die Fachferne der Autoren recht ungewöhnliche Perspektiven in die Diskussion gebracht hatte.

Um es kurz zu machen. Dies war nicht der Fall und meine nachmittägliche kleine Tour nach Berlin hat im wesentlichen nur meine persönliche Klimabilanz verschlechtert. Es gab weder auf dem Podium noch aus dem Auditorium neue und damit überraschende Sachverhalte oder Argumentationslinien. Die Protagonisten (und Lobbyisten im Publikum) der Bioenergie, die noch vor wenigen Jahren eine komplette Energieversorgung aus Bioenergie prognostiziert hatten - ich selbst bin noch vor wenigen Jahren ob meiner eher vorsichtigen Einschätzung von Vertretern der Umweltseite (!) regelrecht zusammen gebrüllt und als Unterstützer der Atomkraft beschimpft worden -, sind inzwischen ausgesprochen kleinlaut und es wird nur noch von einem bescheiden Beitrag der Bioenergie gesprochen.

Dies hat der Diskussion sicherlich die Schärfe genommen. Jedenfalls hatte ich den Eindruck: Hier herrscht schon Abbruchstimmung in der Branche. Selbst Harrdcore-Lobbyisten aus dem Publikum - man ist immer über die Anzahl und Ausrichtung von Verbänden erstaunt - waren ausgesprochen zurückhaltend und betonten immer wieder den ohnehin nur kleinen zu erwartenden Beitrag der Bioenergie zur Gesamtversorgung der Bundesrepublik. Das hat man schon ganz anders gehört.

Bedauerlich fand ich allerdings auch, daß anscheinend niemand sich die Mühe gemacht hatte einmal genauer in die Studie zu schauen. Das wäre interessant gewesen. So wurden die offensichtlichen Fehler und Falschinterpretationen - einige Literaturstellen scheinen mir nicht verstanden, einige Rechnungen sind schwer nachvollziehbar usw. usw - gar nicht erwähnt.

Fazit: Kraftlos und oberflächlich.

Insgesamt ein Abend der verpassten Gelegenheiten.


Dokumentation:
Leopoldina-Studie
Stellungnahme des DBV
Stellungnahme des Deutschen Biomasseforschungszentrums (DBFZ)

Donnerstag, 6. September 2012

DLG-Unternehmertage 2012

Vorbemerkung
Im Vorfeld der DLG-Unternehmertage hatte ich etwas gezögert ob ein Bericht in gleicher Weise wie vormals zur ESA-Tagung in Helsinki vertretbar ist. Skeptisch war ich hier im wesentlich auf Grund meiner ehrenamtlichen Aufgaben in der DLG. Tagungsinhalte werden im u.a. Vorstand intensiv diskutiert und so – dies meine Sorge – führt unweigerlich zu mangelnder persönlicher Distanz. Sicher richtig.
Es gibt aber umgekehrt mindestens zwei Argumente doch über diese Tagung zu berichten. Weshalb sollen interessante Inhalte nicht kommuniziert und kommentiert werden, nur weil im Vorfeld eventuell über die Ausrichtung diskutiert wurde – dies wäre schade. Zudem ist aber auch bei wissenschaftlichen Tagungen eine klare Trennung zwischen Organisation und Inhalt in vielen Fällen nicht so einfach möglich. In Helsinki war ich auch in der Programmkommission und somit an der Auswahl der Vortragenden beteiligt. Gleiches gilt für die Tagung des Dachverbandes Agrarforschung (DAF) im November in Braunschweig, wo ich ja als amtierender Präsident des Dachverbandes sogar federführend agiere. Und für die nächste Tagung der ESA in Ungarn stehe ich auch wieder auf der Liste beim Programmkomitee (obwohl mich nie jemand gefragt hat...).
Dass im Vergleich zu Helsinki bei einem Tagungsort Mannheim – nichts gegen Mannheim - weniger über Land und Leute, Anreise und Atmosphärisches, Kulinarisches und Skurriles  zu berichten ist, versteht sich von selbst. Aber dafür gibt es schließlich andere Gelegenheiten. Die Anreise nach Montevideo am Ende des Monats ist dafür doch hoffentlich etwas aufregender als die Bahnfahrt nach Mannheim (nichts gegen Bahnfahren).

Aber nun zur Tagung:

Die DLG organisiert über das Jahr eine große Anzahl öffentlicher Veranstaltungen mit Vorträgen und Diskussionen. Am bekanntesten sicherlich die Wintertagung, die jeweils im Januar entweder in Berlin, München oder Münster stattfindet. In etwas kleinerem Rahmen veranstaltet die DLG in jedem Jahr im September die Unternehmertagung. Traditioneller Schwerpunkt ist hier die Marktsituation und die Perspektiven für die Preise und Vermarktung. Auch dies wurde in Mannheim wieder diskutiert, aber der Schwerpunkt war diesmal etwas anders. In diesem Jahr gab es ein Novum, denn erstmals wurde die Kommunikation des landwirtschaftlichen Betriebes in den Mittelpunkt gestellt.

Wichtig hierbei die Einbindung der Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit in die Gesamtkonzeption der Betriebsführung. Kein „Ad-on“ für Betriebsleiterinnen und Betriebsleiter, die am Wochenende oder Feierabend noch freie Kapazitäten haben, sondern Kommunikation als integraler Bestandteil des Managements und somit auch als Erfolgsfaktor in der mittel- und langfristigen Betriebsentwicklung. 

Das Rad wird dabei keineswegs neu erfunden. Im Gegenteil, einige Betriebsformen haben hier schon beträchtliche Erfahrungen. Zu nennen wären Unternehmen mit touristischen Angebot („Urlaub auf dem Bauernhof“, Maislabyrinth), Betriebe mit Hofladen oder Winzer, um nur einige Beispiele zu nennen. Außerhalb dieses Kreises ist die aktive Öffentlichkeitsarbeit jedoch wenig verbreitet. Welche Konzepte gibt es nun? Hier wurden in einer Reihe von Beiträgen Erfahrungen aus unterschiedlichen Regionen und von verschiedenen Betriebsformen vorgestellt. Die Konzepte reichen von klassischen Hoffesten und Tagen des offenen Hofes, über die Organisation von Kinderfesten bis zum Sponsoring von Sportvereinen und anderen öffentlichen Einrichtungen - die Liste ist nicht vollständig. Wichtig ist aber in jedem Fall immer die mediale Begleitung durch die lokale Presse. „Tue Gutes und lass andere darüber sprechen“, so das Motto in mehreren Beiträgen.

Als neuer Aspekt wurden auf der Tagung die Möglichkeiten – aber auch Risiken – der sozialen Medien für die Öffentlichkeitsarbeit vorgestellt. Facebook, Twitter, eine eigene Homepage oder ein betriebsbezogener Blog. Eventuell sogar die Selbstdarstellung über Videos auf youtube. Einige Videos haben inzwischen sogar einen gewissen Kultstatus erreicht.

Hier ein Beispiel. Okay, 7 Mio. Zuschauer, aber ob dies dann im Endeffekt wirklich besser als das viel gescholtene "Bauer sucht Frau" ist, bleibt offen. Der Gruselfaktor bleibt und eventuell wird ein solches Video dann in der weiten Welt außerhalb der Landwirtschaft anders wahrgenommen, als beabsichtigt.

Insgesamt hat die Landwirtschaft – vom Betrieb bis zur Branche – noch erheblichen Nachholbedarf. Rainer Winter von der DLG hat hier eindrucksvoll die verschiedenen Optionen erläutert.
Der Landwirtschaft steht ein intensiver Lernprozess bevor. Wer Facebook schon seit Jahren nutzt, kennt die richtigen Einstellungen, um eine Partyeinladung nur an seine Freunde zu posten. Was passiert, wenn hier Fehler gemacht werden, können wir immer wieder in den Medien verfolgen. Für ein liebevoll vorbereitetes Hoffest mit 30 Nachbarn – ich sehe richtig die bunte Festbeleuchtung und den Blumeschmuck vor mir - wäre das Erscheinen von mehreren 1000 „Freunden“ in freudiger Erwartung von Freibier, Ochsenbraten und Technomusik ziemlich hinderlich und würde das Image des Betriebes sicherlich nicht verbessern. Gar nicht auszudenken, wenn diese „Freunde“ dann auch noch den Mastschweinen zu einem unverhofften Freiheitserlebnis verhelfen.
Auch Twitter ist nicht ohne Risiken: In der FAZ schrieb neulich ein Redakteur, dass man bei Twitter Menschen beim Denken zuschauen können. Das kann dann problematisch sein, wenn dieser Mensch ausgerechnet dabei gewisse Probleme hat.

Zurück und wieder ernsthaft:

Bei der Zielsetzung gibt es unterschiedliche Schwerpunkte, ohne dass immer eine vollständige Differenzierung möglich ist. Hier kann Kundenbindung erzeugt werden (Hofladen, Direktvermarkter) aber auch die realistische Darstellung der landwirtschaftlichen Tätigkeiten ist schon eine wichtige Zielstellung. Es können aber auch ganz einfache Sachverhalte kommuniziert werden. So spart man mit einem Hinweis auf eine offene Stelle eventuell eine Anzeige in der Lokalpresse usw. usw. Schon heute können Betriebsleiter recht einfach mit entsprechenden Tools eine Webseite erstellen und diese individuell gestalten, wenn nicht der Weg über Facebook gegangen werden soll. Hier sind zukünftig sogar kommerzielle Anbieter verfügbar.

Noch einmal abschließend einige Gedanken zur Zielsetzung dieser Öffentlichkeitsarbeit. Mehrere Referenten haben betont, dass die Öffentlichkeitsarbeit gedanklich vom klassischen Marketing zu trennen ist. Öffentlichkeitsarbeit ist langfristig und soll den Gesamtbetrieb darstellen und weniger produktbezogen agieren. Wenn mit diesen Mitteln eine positive Stimmung und Verständnis in einer Region, in einem Dorf erzeugt wird, können Probleme vermieden oder zumindest entschärft werden. Deutlich zu unterscheiden ist dies von Krisensituationen. Wird eine Facebookseite erst erstellt, wenn eine Baumaßnahme (Stall, Biogas) auf Widerstand stößt, ist es zu spät. Noch schwieriger ist die echte Krisenkommunikation (Leckage in Güllebehalter, oder die o.g. Ausflugsschweine). Hier können die sozialen Netzwerke helfen, aber nur wenn vorher schon eine Verbindung zu Kunden und interessierten Bevölkerungsteilen aufgenommen wurde.

 Und noch ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt für Betriebe, die den Weg in die Öffentlichkeitsarbeit gehen wollen,  darf keineswegs unterschätzt werden. Es muss eine echte Bereitschaft für ein gegenseitiges Lernen gegeben sein. Die Diskussion am Rand eines Hoffestes wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch kritische Fragen aufwerfen. Ganz zu schweigen von den Kommentaren auf Facebookseiten. Dass dies nicht immer fair und ausgewogen ist, sollte jeder wissen, der diesen Weg geht. Insgesamt aber eine sehr spannende Entwicklung. Für uns an der Universität auch die Herausforderung, die notwendigen Fähigkeiten für eine sinnvolle Öffentlichkeitsarbeit in Lehrveranstaltungen zu vermitteln (Obwohl ich eigentlich ungern in Vorlesungen nur die Rückseiten von Laptops sehe...).

Am Rande der verschiedenen Beiträge wurde auch immer wieder die so genannte Branchenkommunikation angesprochen. Hier gibt es wohl derzeit keine echte Perspektive, denn trotz der Finanzkraft der einzelnen Teile der Wertschöpfungskette bzw. der gesamten Branche in toto, ist hier kaum eine glaubwürdige Kommunikation zu beobachten. Vieles ist Stückwerk und erzeugt mehr Häme als Verständnis. Die Interessen der verschiedenen Akteure sind halt sehr unterschiedlich, bedenkt man nur die Kommunikation aus dem LEH hinsichtlich der Darstellung von Landwirtschaft. Die Übergänge zwischen Kommunikation, Lobbyismus und Desinformation sind leider fließend. Es ist aus meiner Sicht fraglich, ob die weitgehend fehlende Branchenkommunikation durch Einzelinitiativen in allen Aspekten zu ersetzen ist.

Abschließend nur ein kurzes Fazit: Ein sehr wichtiges Thema wurde umfassend behandelt und ich denke, dass auch viele Ideen für aktives Handeln aufgezeigt wurden. Sicher wird dieser Themenbereich auch zukünftig immer wieder integraler Bestandteil von Tagungen und Fortbildungen sein müssen. Stay hungry, stay foolish, aber das kennen sie ja.

PS Wo wir gerade bei Steve Jobs (RIP) sind: Die nächste Stufe ist dann der life-blog von der Tagung. Erst dann sind wir wirklich vorne mit dabei.

PPS So schön ist Mannheim, ja Mannheim