Sonntag, 20. Januar 2013

GFFA 2013 - Global Forum for Food and Agriculture


Das Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) hat sich zum Ziel gesetzt den Dialog zwischen Nord und Süd mit dem speziellen Fokus Landwirtschaft, Landnutzung und Ernährung zu intensivieren. Nun fehlt es bislang wahrlich nicht an entsprechenden Gesprächen und Institutionen, aber die Tatsache, dass diese Veranstaltung in jedem Jahr in Berlin stattfindet ist sicherlich ein starkes Signal. Die DLG ist hier Mitveranstalter. Dabei möchte ich nicht verhehlen, dass es ganz persönlich schon eine gute Sache ist. Nur so besteht die Möglichkeit an solchen Gesprächen einmal hautnah teilzunehmen und mit den entsprechenden Experten aus Politik, Wirtschaft und NGOs direkt zu sprechen. Mehr als 80 Agrarminister war in Berlin, die Politik und internationale Organisationen (FAO, OECD) waren hochrangig vertreten und auf dem Podium hatten auch NGOs ihre Stimme.

Der Preisanstieg bei Agrarprodukten 

Das Programm war umfangreich – und auch nur teilweise öffentlich - und daher möchte ich nur einige Eindrücke von den beiden Schlusspodien darstellen. Auch dies meist ohne direkten Bezug zu den einzelnen Podiumsteilnehmerinnen und –teilnehmern. Sonst wird es zu kleinteilig.

Inhaltlich stand in diesem Jahr die Frage der Investitionen im Vordergrund. Tatsache ist, wenn in den nächsten Jahrzehnten die Ernährung der Welt mit ausreichend und qualitativ hochwertiger Nahrung gewährleistet werden soll, muss in die globale Landwirtschaft massiv investiert werden. Grundsätzlich sind Investitionen in Landwirtschaft hochrentabel. In einer Darstellung zeigte Matin Qaim von der Universität Göttingen hier die Zahlen. Es gibt kaum eine bessere Investition als die Förderung von Ausbildung, wenn es um die Beseitigung von Armut und Hunger geht. Wichtig ist aber auch die Bauern - hier passt sprachlich der Begriff besser als Landwirtinnen und Landwirte, obwohl gerade Frauen hier im Fokus stehen -, in regionale Wertschöpfungsketten einzubinden. Dies kann beispielsweise über Kooperation erfolgen. Voraussetzung aber die ausreichende Infrastruktur und die Einhaltung von Qualitätsstandards. Beides Punkte, die häufig einer weiteren Entwicklung im Wege stehen. Dass eine weitere zentrale Voraussetzung politische und auch rechtliche Stabilität darstellen, ist unbestritten. Auf dem Podium wurden aber auch einige Beispiele für Projekte genannt, die gerade in extrem instabilen Länder die Versorgung deutlich verbessern konnten und damit den Teufelskreis aus Hunger und Armut, zumindest regionale, durchbrochen haben.

Doch woher soll das Geld nun kommen? Wer soll investieren und in welche Bereiche? Klar ist hierbei, dass die Investitionen aus dem staatlichen Bereich bei weitem nicht ausreichen und daher war ein eindeutiges Votum für verstärkte Investition aus dem privaten Sektor in die Landwirtschaft global aber insbesondere auch in die Landwirtschaft der sogenannte Dritten Welt. Es bleibt jedoch Frage, wie hier das Gleichgewicht zwischen kurz- und mittelfristigen Privatinteressen – was aus meiner Sicht legitim ist – und langfristigen Investitionen gewährleistet werden kann. Typisch für solche Langfristperspektive, die von privaten Investoren eher weniger im Fokus steht, wären beispielsweise Mittel für den Erhalt und die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Häufig ja eine Frage des Know-How und damit der Ausbildung.

In einer kurzen Botschaft wies dann am Ende der Veranstaltung der Generaldirektor der FAO da Silva darauf hin, dass neben den Investitionen der öffentlichen Hand und aus Richtung von Unternehmern die Landwirte selbst weltweit die größten Investoren sind. Als Grundlage muss dann aber die Rechtssicherheit und eine Perspektive für einen Erfolg gewährleistet sein. Hier spielen dann  Mikrokredite ein wesentliche Rolle. 

Abschließend berichteten da Silva  und ein Vertreter der OECD noch von den Bemühungen das „Land Grabbing“ zu reglementieren, weil sich inzwischen recht eindeutig belegen lässt, dass durch die massiven Investitionen von Industriestaaten in den Landkauf häufig extreme Nachteile für die lokale Bevölkerung entstehen. Übrigens ein Sachverhalt, der vor wenigen Jahren durchaus noch anders diskutiert wurde. Ich erinnere noch Vertreter der Welthungerhilfe, die auf die positiven Aspekte von „Land Grabbing“ verwiesen, weil oft auch die Infrastruktur verbessert würde, was dann auch den Menschen vor Ort zu Gute kommt. Hier sollen nun internationale Abkommen einen belastbaren Rechtsrahmen liefern, wobei insbesondere die Situation der Landbesitzer in Afrika und Südamerika – hier findet das überwiegende Land Grabbing statt - im Vordergrund stehen soll.

Schwierig ist hier allerdings, dass gerade in diesen Ländern die Besitzverhältnisse oft kaum geklärt sind. Teilweise ist das gesamte Land offiziell im Staatsbesitz, teilweise sind Besitzverhältnisse seit der Kolonialzeit bestenfalls als dubios zu bezeichnen. Ergo, das bleibt ein Problem, das uns noch beschäftigen wird. 

Nahrungsverluste werden thematisiert
Abschließend noch ein Wort zum Büfett im Nachgang zu den Podiumsdiskussionen. Vor der Veranstaltung hatte ich im kleinen Kreis schon geäußert, dass es irgendwie schon etwas skurril ist, wenn sich mehrere Hundert Menschen intensiv mit den Fragen der Welternährung befassen, um dann anschließend über ein üppiges, mehrgängiges Menü „herzufallen“ (Ich erinnere eine Fernsehdiskussion vor einigen Wochen in der Sarah Wiener – die dort als Landwirtschaftsexpertin eingeladen war, ich mache auch keine Kochsendungen – auf die Frage, was passiert eigentlich mit den Resten solcher Veranstaltungen in Berlin die ein Catering durch ihre Firma bekommen, recht kleinlaut antworten musste: Das landet in der Tonne). Also was wurde hier getan? In eine Initiative der Lebensmittelindustrie wurden gerade für solche Situation Handlungsmöglichkeiten entworfen und ein Beispiel ist dabei, dass es nur noch begrenzte Anzahlen von Produkten gibt. Das vermindert schon bei der Vorbereitung die Reste ganz massiv, ohne Einschränkungen bei der Qualität. Außerdem wurden alle Gerichte in sehr kleinen Mengen direkt vor der Ausgabe zubereitet. Auch damit lassen sich in einem solchen Rahmen die Reste nach Angaben des Caterers massiv vermindern. Sicher allein kein Königsweg zur Rettung der Welt, aber ein interessantes Konzept.

OC 

Freitag, 18. Januar 2013

DLG - Wintertagung 2013

Die diesjährige Wintertagung der DLG stand unter dem Motto "Landwirtschaft im Konflikt mit der Gesellschaft? Votum für eine nachhaltige Produktion" und bestand wie immer aus einer großen Zahl von Vorträge und Diskussionen. Inzwischen sind auch schon sehr viele Beiträge online verfügbar und es macht keinen Sinn, den Versuch zu starten, dies hier zu wiederholen (Links siehe unten). Darum nur einige kleine persönliche Anmerkungen speziell auch zu Beträgen, die mir besonders am Herzen liegen. 

Selbstredend, daß das Thema Nachhaltigkeit im aus meiner Sicht im Mittelpunkt steht, zumal Kurt-Jürgen Hülsbergen von der Universität in Freising auch aus einem gemeinsamen Projekt berichtet hat. Hier liegen inzwischen wirklich sehr umfangreiche Erfahrungen mit der Quantifizierung und (!) Bewertung von Nachhaltigkeit auf der Ebene des landwirtschaftlichen Betriebes vor. Neben einer Reihe von wissenschaftlichen Herausforderungen - das hört nie auf - gilt es nun in Zukunft auch die weitere Verbreitung des Konzeptes, gerade auch in Zusammenarbeit mit der DLG und der entsprechenden Zertifizierung, zu erreichen. Wenn Betriebe in großer Zahl ein solches Zertifikat erwerben würden, wären viele Diskussionen zur Umweltwirkung der Produktion einfacher. Übrigens: Mit Öko vs. Konventionell hat dies gar nichts zu tun. Jede Betriebsform kann sich dieser Zertifizierung unterziehen. Ganz hervorragend gefiel mir die Antwort von Kurt-Jürgen Hülsbergen in der Diskussion auf die Frage: Wie soll sich das Konzept weiter verbreiten? Seine Antwort: Die Lehre spielt eine ganz wichtige Rolle - gut! 


Manchmal wird es später auf der Wintertagung


Eine wichtige Diskussion wurde im Arbeitskreis Ackerbau - übrigens die 100. Sitzung - zum Thema der bodenschonenden Bearbeitung geführt. Dieses immer aktuelle Thema hat derzeit eine große Aktualität durch die zunehmende Kritik am Wirkstoff Glyphosat. Bodenschonende Bearbeitung ist nicht zwingend auf diesen Wirkstoff angewiesen, aber die Alternativen müssen intensiv diskutiert werden. Dabei sind die eigentlichen Vorteile eine bodenschonenden Bearbeitung recht eindeutig. Es gibt aber durchaus Boden- und Umweltbedingungen, unter denen kaum auf den Pflug verzichtet werden kann. Der Ökolandbau ist meist sogar zwingend auf den Pflugeinsatz angewiesen. Auch dies ist Realität. Um hinsichtlich des Glyphosateinsatzes einmal die Fakten vor Augen zu haben, hat Herr Hans-Hennig Steinmann umfangreiche Ergebnisse zur aktuellen Situation in Deutschland vorgestellt. Hier wird klar, daß schon genau differenziert werden muss, ob der Wirkstoff nun zur Unkrautbekämpfung oder zur Ernteerleichterung eingesetzt wird. Aus meiner Sicht, muss auch über die Anwendung im Bereich von Garagenplätzen, Auffahrten usw. intensiv nachgedacht werden. Dies ist ein wesentlicher Eintrittspfad in Gewässer.

Ein Höhepunkt der diesjährigen Wintertagung war der Vortrag von Shenggen Fan, dem Direktor des International Food Policy Research Institutes (IFPRI) aus Washington. In eindrucksvoller Weise schilderte er die Herausforderungen der Welternährung in den nächsten Jahr, zeigte aber Perspektiven auf, wenn es gelingt die verschiedenen Politikbereiche - Ernährung. Umwelt, Klima und Energie - global zu vernetzen. Die Kritik an der Energiepolitik in einigen Ländern bei nachwachsenden Rohstoffen war eindeutig, aber auch über den Konsum, so Fan, muss nachgedacht werden. Nicht neu, aber aus so berufenem Mund umso wichtiger. In der Pause nach dem Vortrag  hatte ich dann Gelegenheit Herrn Fan nach seiner Meinung über die Rolle Europas in der Sicherstellung der Welternährung zu befragen. Er sieht die Bedeutung hier in zwei Bereichen. Zum einen soll Europa institutionelle und politische Unterstützung leisten. Zum anderen müßte Deutschland (und Europa) Technologien entwickeln und dann auch bei der Implementierung helfen. Das IFPRI ist hier offen in der Art der Technologie. Eine klare Botschaft.

OC   


PS Viele Beträge sind nun auch mit vollem Text verfügbar und können bei entsprechendem Interesse hier nachgelesen werden. 

Samstag, 5. Januar 2013

Zwischenruf - ein Kurswechsel bei GMO?





Der englische Autor und Umweltaktivist Mark Lynch hat vor einigen Tagen einen viel diskutierten Beitrag auf der Oxford Farming Conference präsentiert. Er beschreibt dort ausführlich seinen persönlichen Weg vom Anti-GVO Aktivist zu einem Befürworter der Nutzung von transgenen Pflanzen in der Landwirtschaft. Dabei berührt er natürlich auch Fragen der Welternährung und der Energiepolitik. Ich möchte dies hier nicht weiter kommentieren - zumal auch das Internet aktuell mit Meinungsäußerungen überquillt (hier der Twitter-Flow) -, sondern einmal die Möglichkeit geben, sich selbst hier eine Meinung zu bilden, oder besser die eigene Meinung kritisch zu hinterfragen.

Bedenkenswert finde ich in seiner persönlichen Darstellung - und das sei dann doch als Kommentar erlaubt -, dass seine Beschäftigung mit der Wissenschaft in Diskussionen zur Klimaveränderung zu der Berücksichtigung von Wissenschaft bei GVOs geführt hat.

Schauen sie selbst.

OC



PS

wer lieber liest als Videos schaut: Hier der Link zum Redetext.

PPS Inzwischen hat die Diskussion um den Vortrag von Mark Lynch im Internet eine recht unerwartet Dimension erhalten, da eine indische Umweltaktivistin eine recht polemische Twittermeldung zu dem Vortrag veröffentlich hat.